von Mitch
Oberstdorf – Heini Klopfer Skiflugschanze
Am 15. Dezember 2018 ging es gegen 04:00 Uhr morgens in Richtung Oberstdorf zum aller ersten Red Bull All In an der Heini Klopfer Skiflugschanze. Das Thermometer zeigte in Kirchheim schon -3 Grad an – laut Online Diensten sollte es in Oberstdorf -12 grad haben. Nach einer entspannten 2 Stunden Anfahrt zeigte das Thermometer vor Ort -16 Grad an. Dafür hatte man sternenklare Sicht!
Es handelte sich um ein neues, interessant klingendes Renn-Konzept. Die Top Finisher der einzelnen Startwellen konnten sich jeweils für die nächste Runde qualifizieren. Auch nicht Finisher (zwar im Ziel, aber ein muss-Hindernis nicht erfolgreich beendet) konnten mit guten Zielzeiten nachziehen. Danach gab es noch eine Finale Runde. Männlein und Weiblein waren in eigenen Startgruppen getrennt. Die Strecke war ca. 2,5 km lang und gespickt mit 15 Hindernissen.
Vor Ort gab es zwei Zelte und die Anlagen/Gebäude der Skiflugschance. Zudem sah man komplett von Eis & Schnee überzogene Hindernisse, inkl. einem längeren Hangelparkour aus Stahl. Die Temperaturen waren deutlich spürbar, wenn man ein Zelt verließ – lief man erstmal gegen eine Wand! Die Abholung der Startunterlagen und die Gepäckabgabe waren ein wenig zu klein dimensioniert. Aber es war noch genug Zeit bis zur ersten Startwelle. Hier bereits das erste Highlight: zur geringen Startgebühr (unter 50,- € ! ) gab es ein sehr hochwertiges Laufoberteil, welches während dem Rennen zwingend getragen werden musste. Aber danach durfte man es behalten und es ist nun mein bestes Laufoberteil bei Kälte. Zudem wird man bei anderen Rennen damit erkannt und gehört zu einem elitären Kreis.
Der Start befand sich am oberen Ende des Auslaufbereichs der Skispringer und die Strecke startete direkt mit unberührtem Tiefschnee. Warmlaufen war kaum möglich, es war schlichtweg zu kalt! Man überlegte nicht, OB man Handschuhe anzieht, sondern WIEVIELE Stück übereinander passten.
Der Start wurde traditionell mit Böllerschützen eingeleitet und es ging erstmal im Tiefschnee Bergab. Erst ging es über eine kleine Wall, dann die Zuschauerränge hinauf. Diese wurden von Stufe zu Stufe höher. Danach liefen wir direkt Richtung Fluß – der auch gequert und ein kleines Stück Flussabwärts gelaufen wurde. Das Wasser war zwar nur Knietief, aber selbst unter Wasser waren teilweise sehr rutschige Eisschichten auf den Steinen. Einmal abrutschen, und man läge drin!
Danach ging es an Seilen die Böschung hoch, welche an Jeeps befestigt waren. Anschließend kam das erste interessante ‚Hindernis‘: man warf eine Schnur, die zwei Kugeln an jedem Ende hatte (sog. Bolas), in Richtung eines Gestelles mit 3 Stangen. Jede Stange hatte eine andere Farbe. Man warf so oft, bis sich die Bolas um eine Stange wickelten. Je nachdem, bekam man von den OCR Munich Marshalls, welche übrigens jedes Hinderniss besetzten, ein farbiges Gummiarmband ans Handgelenk, welches man noch bei drei anderen Hindernissen benötigte. Ein Wurf – ein Treffer – weiter gings zum Sandsäcke schleppen (2 Stück), um diese an ein Yoke zu befestigen und somit die Sandsäcke wieder zurück zu balancieren. Als nächstes kam ein Tarzan Swing mit Zwischengriffen an teilweise noch tiefgefrohrenen Seilen. Hier waren, zumindest in der ersten Startwelle, die meisten in der Penalty wieder zu finden. Diese bestand aus einer längeren Laufstrecke.
Danach kam eine kleine Verpflegungsstation, bevor es zu den Endless Stairs ging – man lief die Landezone bis zum Schanzentisch auf einer Treppe hinauf. Diese fühlte sich tatsächlich endlos an! Oben angekommen wurde man mit einem kleinen Netz zum hochklettern auf den Sprungtisch und der traumhaften Aussicht belohnt.
Von nun an ging es Bergab. Als erstes wartete eine sehr humane Stair Ladder auf einen. Danach stand ein Memory Board, wo es, je nach Farbe des Gummibandes, andere Kombinationen zu merken gab. Schnell weiter wieder runter in die Ebene. Unten angekommen warteten ca. 5 Meter Hohe, hübsch geschmückte Bavarian Totems auf einen.
Ein paar Meter weiter wartete das nächste Highlight: die eben gemerkte Kombination musste man selbst zusammenlegen, das heißt, man musste sich z. B. Stein Stein Baumstamm Baumstumpf merken. Dann hat man eine Zahl gesagt bekommen. Ca. 10 Meter weg steckte ein Fähnchen im Schnee mit deiner Zahl drauf – also nahm
man sich vom Stapel nach und nach die Gegenstände, schleppte diese zum Fähnchen, legte sie in der hoffentlich Richtig gemerkten Reihenfolge ab, lies sich das durch einen Marshall bestätigen und schleppte alles wieder zurück. Wenn die Kombination falsch war, musste man einen längeren Weg zurück schleppen. Weiter gings auf die Zielgerade. Kurz über eine Wall drüber und man stand vorm All In or Nothing! Dieses hatte drei Abschnitte. Man durfte für das ganze Hindernis insgesamt drei Versuche starten. Bei jedem Fehlversuch wurde das Gummiband gelocht – beim dritten wurde es abgenommen und man lief am restlichen Hindernis vorbei. Bei einem geschafften Abschnitt startete man nach einem Fehlversuch natürlich am Ende von diesem.
Hier lag sie Ausfallquote, vor allem in den ersten Startwellen, bei geschätzt 95 Prozent! Lobend sei hier Stephan zu erwähnen, der als dritter ÜBERHAUPT das komplette Hindernis erfolgreich absolvierte! Das Problem war nicht das Hindernis an sich, sondern die Kälte. Mit Handschuhen war kaum Grip vorhanden oder man konnte keine Griffkraft aufbauen, bzw. klebte man teilweise auch fest. Ohne Handschuhe bestand die Gefahr, dass die Haut am gefrorenen Stahl kleben blieb. Ich schaffte es über den ersten Abschnitt leider nicht hinaus, obwohl ich mir ca. 10-15 Minuten für die drei Versuche Zeit nahm.
Also ohne Band am Hindernis vorbei und ins Ziel! Dort gab es das wohlverdiente Blech, welches aus Glas bestand und eine meiner bisher schönsten Medallien in der Sammlung darstellt.
Nach kurzer Erholung haben Stephan und ich die Marshalls auf der Strecke u. A. mit warmen Getränken unterstützt.
Als die Sonne rauskam und die Strecke mehr benutzt wurde, ging auch die Masse an Penalties stark zurück.
Um nochmal die Kälte zu verdeutlichen: im Zelt standen Kühlschränke für RedBull Dosen, damit diese nicht gefrieren. Wenn man mit einer geöffneten Dose das Zelt verlies dauerte es keine 10 Sekunden, bis der Inhalt der Dose, welche man in der Hand hielt, komplett gefrohr und man hatte RedBull Eis! Habe ich so auch noch nie erlebt.
Fazit: sehr interessantes Rennformat mit 500 limitierten Läufern, neuen Varianten von Hindernissen und Aufgaben mit einer super Atmosphäre. Alles Meckern von aussen oder den Teilnehmern ist meiner Meinung nach Detailverbesserung. Die Veranstaltung selbst ist auf sehr hohem Niveau und ich hoffe, dass es wiederholt wird. Persönlich habe ich auch gelernt, dass extreme Kälte eine ganz andere Liga ist. Ich habe auch erstmal einen Nervenschaden am großen Zeh mit nach Hause genommen.
Durch die lange Wartezeit am All In or Nothing habe ich mich knapp nicht mehr für die zweite Runde qualifiziert – mir war aber das mögliche erfolgreiche Finishen wichtiger, als taktisches Vorgehen. Ohne Band hätte ich natürlich noch mehr Versuche gestartet! Anmerkung meinerseits: als die Sonne rauskam und schonmal 500 Läufer am Hindernis waren, war es auch machbarer und ich habe es natürlich auch nochmal erfolgreich versucht.
Für mich war es ein traumhaft schöner Tag. Und es war ein weiteres Rennen, welches ohne die vielen engagierten Marshalls des OCR Munich nicht durchführbar gewesen wäre. Es hätten von Anfang an gerne wärmere Temperaturen sein können, aber man darf auch mal seine Komfortzone verlassen. Nach ca. drei Wochen hatte ich dann auch wieder volles Gefühl in meinem Zeh.