von Daniel
Früh aufstehen ist eigentlich nicht mein Ding. Überhaupt nicht. Und erst recht nicht, wenn der Wecker früh um 03:oo Uhr klingelt. Ob meines Alters könnte man zwar senile Bettflucht vermuten, ist aber nicht so.
Aber raus aus den Federn und erstmal eine riesige Portion Müsli in den noch nicht wachen Magen, der um diese Zeit noch in seiner verdienten REM Schlafphase ist.
Dann die schon gepackte Tasche geschnappt und raus auf die Straße, wo mich Andreas F. in aller Herrgottsfrühe aufsammelt, damit wir uns am ausgemachten Treffpunkt in Riem treffen. So leer sind die Straßen selten in München. Warum wohl?????
Umsteigen ins Auto von Mitch und Jessi und schon geht’s los Richtung Oberpfalz. Da die Straßen recht leer sind, kommen wir recht gut voran. Am Anfang wird noch reichlich gequatscht, aber nach einer Stunde sind bis auf den Fahrer alle eingepennt. Nicht tröstlich für den Fahrer, wenn alle um dich herum im Auto pennen und du musst fahren.
Um 08:00 kommen wir in Pilzen an. Der Startbereich ist im Depot2015, welches das Ergebnis des Projektes „Kulturhauptstadt Europas 2015“ ist. Eine ehemalige Werkshalle der städtischen Verkehrsbetriebe und heute eine Mischung aus Gründerzentrum, Crossfit-Halle, Kunstausstellung und kulinarischem Treffpunkt.
Irgendwie fühlt man sich gleich wohl. Alles ist nicht so streng und gestresst. Und wo gibt es das noch, dass man früh um 08:00 mitten in der Stadt noch 140 dB Technomucke aus den Boxen scheppern lassen kann.
An der Startnummernausgabe sind die Volunteers gut gelaunt und alle sprechend sehr gut Englisch. Da wird einem noch schnell geholfen, den in Tschechisch gehaltenen Haftungsausschluss zu unterschreiben. Werde wohl nicht gleich eine Waschmaschine kaufen.
Im Starterpack gibt es mal keinen unnützen Mist wie tausende Flyer und Probepäckchen, die ich in der Regel entsorge. Dafür zwei Gummiarmbändchen. Auch mal eine prima Idee, die Startnummer nicht umständlich festmachen zu müssen, sondern diese auf dem Armbändchen aufgedruckt zu haben.
Und da sind auch schon unsere Mädels Claudia W., Mirjam H. und Ediceh E. die schon einen Tag früher angereist sind. Gibt schlechtere Städte für ein verlängertes Wochenende.
Wir gehen über das Gelände und sehen schon die ersten Hindernisse. Flying Wheels und eine ca. 6-Meter hohe Quarterpipe. Das wird auf alle Fälle technischer als so manch anderer Lauf. Ich freue mich auf alle Fälle wie ein Schnitzel.
Wir haben noch eine ganze Menge Zeit bis zu unserer Startwelle um 09:30 Uhr und trinken fürs erste ausgiebig Kaffee und genießen die Sonne. Wird wohl ein sehr warmer Tag. Sehr beeindruckend, dass hier wirklich jeder Englisch kann. Sowas sucht man gerade in München vergeblich.
Jetzt noch schnell umgezogen und dann geht’s zu Start. Dazu geht’s in eine recht große Halle mit riesigem Rolltor. Der Organisator klatscht jeden Starter persönlich ab. Die Startwellen sind alle 30 Minuten, was den Vorteil bringt, dass es auf der Strecke recht gesittet zugehen wird.
Kurzfristig entscheiden wir uns, alle zusammen im Team zu laufen. Für mich auch mal eine neue Erfahrung, so ein Rennen man entspannt anzugehen. :o)
Jetzt geht’s los. Auf Tschechisch wird heruntergezählt. Ich verstehe kein Wort, aber dann geht das Tor auf und die Ersten kriechen unten durch und rennen los wie von der Tarantel gestochen. Die holen wir bald wieder ein. Es geht los und wir starten. Nach ca. 50 Metern steht ein Kerl mit einem Feuerwehrschlauch in einem Predatorkostüm und beschert uns die erste Dusche des Tages.
Das erste Hindernis ist eine Reihe ca. 90cm hoher Legosteinähnlicher Betonteile. Die werden natürlich im vollen Galopp genommen. Kurz darauf kommt das gleich nochmal mit doppelter Höhe und 100 Meter später mit dreifacher Höhe. Hier staut es etwas. Im Team wird das Ganze recht schnell genommen und schon geht’s entlang des Flusses Radbuza, der allerdings recht braun und nicht gerade einladend aussieht. Am gegenüberliegenden Ufer wurde was aufgebaut, in was ich mich gleich verliebt habe. Eine ca. 8 Meter hohe Schanzenrutsche!!!! Aber dazu später.
Es geht Richtung historischer Innenstadt. Entlang sehr alter, aber auch teils sehr verfallener Gebäude. Leider hat hier auch der Kommunismus seine Spuren hinterlassen. Und schon geht’s durch eine alte verlassene Untergrundstation ähnlich dem Stachus in München. Das wurde wohl nur für den Lauf geöffnet. Sehr geil. Weiter geht’s Richtung Altstadtkern zum Monument des František Křižík, wo Flying Totems oder wahlweise Seile hängen. Da wir Zeit haben, mache ich beides. Zusammen klettern alle nacheinander den Totem hoch. Hier wird von uns allen Hand angelegt, damit auch keiner in die Strafrunde muss.
Weiter geht’s zum nächsten Highlight. Pilzen ist seit dem frühen Mittelalter mit Katakomben durchzogen. Diese sind eine ganz tolle Touristenattraktion und heute exklusiv für den Lauf nur für uns zugänglich. An der einen oder anderen Stelle muss man den Kopf einziehen. Auf einmal springt ein kostümierter Predator aus einem Seitengang. Ich hatte es zwar kommen sehen, muss aber schon lachen, weil gleich Mirjam ums Eck kommt. In diesem Moment male ich mir im Kopf aus, wie er sie erschreckt und sie ihn im Taekwondo-Stil aus seinem Kostüm haut. Zu seinem Glück bleibt er in seinem Versteck. Fast ein bisschen schade :o)
Raus aus den Katakomben und ein weiteres sehr schönes Stück durch die Altstadt und nun geht’s langsam Richtung Stadtpark. Hier kann man schon das Stadion von Victoria Pilzen sehen. Entlang des Flusses Mies geht es zirka 1km bis zum ersten richtigen Wasserhindernis. Einmal unter einem Gebilde aus einer Leiter und zwei Bierfässern durchtauchen und weiter geht’s. An der anderen Uferböschung entlang wieder in die entgegengesetzte Richtung, über zwei Holzbalken und auf das Gelände der Pilsener Brauerei.
Hier muss ein Deadlift bezwungen werden. 10mal angehoben, abgesetzt. Da Mirjam derzeit etwas mit Ihrem Rücken zu kämpfen hat, packen wir zusammen einfach mit an und heben das Gewicht in einer gemeinsamen Aktion zehnmal hoch. Die Streckenposten haben auch nichts einzuwenden, also geht’s zum Verpflegungsstand. Eigentlich hatte ich ja mit einem Bierstand gerechnet, aber es gab korrekterweise Wasser und Isogetränk. Trotzdem irgendwie schade.
Raus aus der Brauerei und über eine gewundene Brücke wieder Richtung U-Bahn-Station. Von hier aus durch etwas Gestrüpp und dann geht’s in einen sehr schönen Park. Auf einem kleinen Hügel gibt es zwei Irish Tables. Das war recht einfach und weiter zum für mich absoluten Highlight. Die Rutsche.
Wir dürfen immer zu zweit rutschen. Als wir alle oben sind geht’s los und man fliegt schon ordentlich weit, wenn man so fett wie ich ist. :o)
Klatsch, rein in die dreckige Brühe. Ein wenig müffelt das Wasser schon, aber was soll’s. Raus aus dem Wasser und über eine Holzbarrikade und unter einem Kriechhindernis durch. Beim nächsten Hindernis bin ich etwas verwundert, denn es sieht aus, als ob jemand die Inverted Wall verkehrt herum aufgestellt hat. Jetzt geht’s über den östlichen Eingang auf das Startgelände. Hier noch schnell über eine kleine Holzbarrikade und rein ins Gebäude. Hier kommen zwei Hangelhindernisse parallel. Einmal Flying Monkey oder normale Monkeybars. Da ich auf meine Mädels kurz warten muss, mache ich das Hindernis gleich dreimal. Nimmt einem auch keiner übel.
Wieder raus aus der Halle und über einen Weaver, bei dem aber alle eher drüber laufen, als das Hindernis sauber zu nehmen. Von hier geht’s an das nächste Hangelhindernis. Ein Seil hochklettern, über 3 Ringe hangeln und an einem Seil wieder runter. Von hier aus kann man schon das nächste Hangelhindernis sehen. Also rein in die Halle und über Monkeybars in den nächsten Raum. Der Ausgang ist hier das Fenster, dass man über eine Hühnerleiter runterklettern muss. Sowas wäre vermutlich in Deutschland nicht denkbar, hier juckt das keinem und das ist gut so.
Hier kommt das nächste Highlight. Für mich eine Prämiere. Flying Wheels. Die machen so einen Spaß, dass ich auch hier gleich 4 Runden drehe.
Nur noch zwei Stationen. Unter ein paar aufgebockten tschechischen Neuwagen durchkriechen und dann kommt der Endgegner. Die Quarterpipe. Das ist eines der Hindernisse, die ich noch nie ohne Hilfe geschafft habe.
Verbissen stehe ich an der Startlinie. Vollgas und hoch die Knie! Das Holz ist extrem griffig und ich komme tatsächlich bis hoch zur Kante. Einmal Gewaltakt und ich bin oben. Ich kann es kaum glauben!!!!
Claudia schafft es auch im ersten Anlauf und Ediceh auch.
An diesem Ding verzweifeln doch einige Läufer. Andere versuchen nach erfolgreichem Bewältigen des soeben genannten, ihren Handgelenkabdruck für nachfolgenden Läufer und die Ewigkeit konserviert, im verzinkten Metallgerüst zu hinterlassen.
Für den der es mag, ist es das Größte. Namen wollen wir an dieser Stelle nicht nennen.
Die Rampe unter und schon wartet das ersehnte Blech. Auch hier ist es kein liebloser Blechdeckel, sondern eine detaillierte Skyline von Pilzen.
In Summe ein sehr gelungener Lauf, der zwar lauftechnisch nicht sonderlich anspruchsvoll ist, aber durch die stellenweise anspruchsvolleren technischen Hindernisse und die wirklich grandiose Streckenführung mir sehr viel Spaß gemacht hat.
Kleiner Kritikpunkt ist für mich nur, dass es im Ziel nur Getränke und keine Snacks gab. Dafür gab es aber auf dem Gelände mehrere Stände mit käuflich zu erwerbenden Essen. Allerdings ist aber mit der verhältnismäßig günstigen Startgebühr durchaus nachvollziehbar.
Duschen gibt es leider keine oder ich habe sie nicht gefunden, allerdings konnte man sich vom Feuerwehr-Predator noch einmal abduschen lassen.
Witzig empfunden habe ich auch, dass man vor Ort seine Klamotten an einer Waschmaschinenstation waschen lassen konnte. Naja, Hauptsache die Klamotten sind sauber.
Hungrig sind wir alle zusammen noch zum Burger-Essen in die Innenstadt. Das muss einfach sein und eine sehr gelungene Möglichkeit des Team Building.
Es hat mir riesigen Spaß gemacht, mit euch allen so ein schönes Rennen und einen tollen Tag erlebt zu haben. So muss ein Verein funktionieren!
Die Leute vor Ort haben Sich richtig ins Zeug gelegt und damit werden wir nächstes Jahr auf alle Fälle wieder am Start sein. Dann werde ich mit Sicherheit meinen Pacemaker Tristan dabeihaben, der mir ordentlich Feuer unter dem Hinter machen wird, dass ich vielleicht unter die Top 20 laufen kann.
Bis bald Pilsen!