Von Verena und Steffi
Winter OCRs schienen auf unsere beiden Autorinnen eine magische Anziehung zu haben, gerade mal zwei Wochen nach dem Spartan Race in Kaprun machten sich beide unabhängig voneinander und mit sehr unterschiedlichen Vorbereitungen auf den Weg ins tschechische Jachymov (Joachimstal). Beide haben sich danach entschlossen uns ihre Eindrücke in Form des folgenden Berichtes zu schildern.
Verena:
Der Austragungsort des Predator Races liegt „nur“ vier Stunden von München entfernt – für Race-Erprobte also gut als Tagesreise machbar. Google Maps kalkulierte eine Anfahrt von 3,5h, 4h bis zur Registrierung erachteten wir als entspannt machbar.
Alle die sich jetzt die Frage stellen, ihr fahrt zu einem Winterrennen, also wie wäre es mit Schneeketten oder mehr Pufferzeit oder dergleichen? Ja, diese Frage stellte ich mir ebenfalls, kam aber zu folgendem Schluss:
„Wir fahren in den Norden – wozu sich also irgendeinen Stress machen?! Wenn da ein wenig Schnee liegt, können wir uns ja schon glücklich schätzen!“
Steffis Planung sah da ein wenig anders aus:
Die Anreise ließ sich gut mit einem Besuch bei meinen Eltern verbinden womit auch der Schlafplatz gesichert war. Damit gab für mich eigentlich nichts mehr zu überlegen; also Ticket gekauft, das Auto gepackt und ab ging´s am Freitagnachmittag ins heimische Vogtland.
Dann am Samstagmorgen die erste Überraschung; es hatte die ganze Nacht geschneit! Aus der geplanten Anreisezeit von 1 Stunde wurden dann schnell 2 und der Mann vom Winterdienst wurde mein Held des Tages. Endlich angekommen gab es am Gelände selbst zwar keine Parkmöglichkeit, aber dafür im nahe gelegenen Städtchen Jachymov (Joachimstal). Von dort aus fuhren regelmäßig kostenlose Shuttlebusse zum Veranstaltungsgelände. Während der Busfahrt kam ich dann auch schon mit den ersten OCRlern ins Gespräch. Man schimpfte über die Schneemassen, philosophierte über das passende Schuhwerk und ich erfuhr, dass sich alle Startzeiten um 1 Stunde nach hinten verschoben hatten! Was für eine Erleichterung, war ich doch mittlerweile wirklich knapp in der Zeit.
Verena und Stephans Anfahrt:
Wir fuhren um 4:15 Uhr in München los (Rennstart: 9:15 Uhr). Zu Beginn auch alles total entspannt – ab auf die A9 und los ging´s. Kaum auf der A93 lag auch schon Schnee… Mit mir hinterm Steuer und einem (noch!) recht entspannten Stephan auf dem Beifahrersitz kamen wir nach einigen etwas riskanteren Fahrmanövern (Startzeit war Startzeit) auch gut im letzten Ort vor dem Parkplatz in Tschechien an.
4 Kilometer vor dem Ziel dann Stau auf der einzigen Straße die zum Parkplatz führte:
Grund war nach einem prüfenden Blick aus dem Fenster der stark verschneite Berg, den es nun hinaufzufahren galt. Nach einem kläglich gescheiterten Versuch eine Nebenstraße zu nehmen (noch stärker verschneit) und der Hilfe von mehreren Tschechen – ja, wir steckten fest – beschlossen wir doch die Hauptstraße zu nehmen. Leider verbot die Polizei allen Wagen die Auffahrt, welche weder Schneeketten noch Allrad besaßen. So viel zur gezielten Rennvorbereitung. Beim Blick auf die Uhr wurden wir beide mehr als nervös, denn wir hatten noch genau 30 Minuten bis zum Start und 4 Kilometer bis zum Parkplatz.
Alle anderen Fahrer und Race-Teilnehmer stellten ihre Autos an der Straße ab und marschierten zu Fuß los. Mit viel Glück trafen wir aber einen tschechischen Jeep-Fahrer, der uns in seinem gut beheizten Allrad-Wagen bis zum Parkplatz mitnahm. Puhhh geschafft – noch 20 Minuten bis zum Start, also los Unterlagen holen, Umziehen, Sachen abgeben, Toilette, etc. – 5 Minuten bis zum Start und wir waren bereit! Doch nun waaaaas?! Start verschiebt sich um eine Stunde, na super 🙁
Steffi, am Gelände angekommen:
Damit konnte zum Glück noch in aller Ruhe meine Startunterlagen abholen, mein Gepäck abgeben und die ersten Hindernisse sowie den Kursplan inspizieren. Der Kurs verlief in 4 Schleifen welche jeweils erst in den Wald und dann wieder auf das Hauptgelände zurückführten. Dort waren auch die meisten Hindernisse aufgebaut. Zwischen all den Läufern, die sich bereits durch den Schnee kämpften, dann plötzlich ein bekanntes Gesicht. Ediceh vom OCR Munich war gerade dabei das erste Hangelhindernis hinter sich zu lassen.
Verena:
Das Abenteuer Anreise gut überstanden warteten wir nun in der Kälte auf den Startschuss.
Kurz aufwärmen, ein bisschen durch Musik und den Anheizer aufputschen lassen und los!
Endlich laufen, endlich den Puls hochtreiben und den Körper dadurch aufwärmen. Der Startschuss fiel, doch was war das? Die Strecke war kaum ersichtlich im Tiefschnee versunken. Wir gingen also mehr los als dass wir liefen. Winterwanderung im Gänsemarsch war nun angesagt. Kaum los und schon durch einen Fluss – Füße also bis zum Knöchel nass und eisig kalt. Das erste Hindernis kam – Schneeballwerfen – in Kaprun ist mir das nicht geglückt, hier schon. Stephan mit Handicap – ich ohne (kurzer Gedanke an Kaprun: warum zur Hölle habe ich denn da 30 Burpees gemacht…). Weiter ging es wieder im Gänsemarsch. Als nächstes folgten Ringe zum Hangeln, Glocke geläutet – yes! geschafft! Eine Schrägwand hoch und schon waren wir wieder im Start- / Zielbereich. Hier folgte ein Hangelhindernis mit Nunchucks – Stephan schaffte auch dieses, ich nicht, also war es an der Zeit getrennt weiterzulaufen. Eine Inverted Wall hoch und ab in den Wald. Nach einer weiteren kurzen Laufstrecke durften wir einen Schuss mit einem Luftgewehr abfeuern – Biathlon lässt grüßen!
Mehr und mehr wurde mir klar, dass ich hier wohl definitiv nicht zum laufen kommen werde, sondern die ganze Strecke im schnellen Gehschritt absolvieren werde. Wieder ging es durch den Start- / Zielbereich und anspruchsvolle Hindernisse folgten: Monkeybars, Tarzanseile mit Übergang zu Ringen, 2,80 Meter Wall – oder höher? – diese war zwar mit Tritten versehen, aber leider total vereist. Die Verpflegungsstation war extrem versteckt (klar, dass ich sie übersehen habe). An dieser Stelle hatten wir etwas mehr über 5 Kilometer geschafft und ich war bereits total am Ende – nicht körperlich war ja nur gehen, sondern mental aufgrund Kälte und des nicht-laufen-Könnens, um sich aufzuwärmen. Ja, ich dachte tatsächlich an einen DNF, so wenig Lust hatte ich noch weiter durch die Kälte und den mehr als kniehohen Schnee zu stapfen. Aber ich rief mir in Erinnerung, dass Aufgeben keine Option ist und ich beschloss den Lauf nun als mentales Training zu nutzen.
Auch Steffi hatte bei Km 6/7 einen Tiefpunkt:
… der Wasserfall den wir rauf mussten. Eigentlich hatte ich mir extra Neoprensocken gekauft & Spikes eingepackt …hatte ich beides an? Nein natürlich nicht, vergessen. Also Konzentration, rein ins Kalte Nass und immer schön aufpassen bloß nicht auszurutschen. Tja dass dann ein Baum quer im Weg lag hat erst mein Kopf gemerkt als ich dagegen gelaufen bin. Damit landete ich auf allen Vieren im Wasser und war erstmal klitschnass. Was folgte war eine hübsche Schimpftirade und ich war irgendwie froh dass mich hoffentlich niemand verstand.
Es ist mir tatsächlich ein bisschen ein Rätsel wie ich es geschafft habe danach wieder warm zu werden. Aber es funktionierte, immer einen Schritt vor den anderen, immer in Bewegung bleiben, nur nicht zu lange rumstehen.
Verena:
Ich fragte mich mehrmals, warum hier mehr Schnee liegt als vor zwei Wochen in Kaprun und wünschte mir Skating-Ski an meine kalten Füße. Weiter nur weiter und nicht stehen bleiben, währenddessen die Landschaft bewundern… Ein stockdunkler Tunnel in ein Haus auf der „Abriss-Liste“ folgte, eine Mauer im Haus hoch und durch ein zerbrochenes Fenster wieder hinaus – das machte Spaß!
Wieder etwas versöhnt weiter durch die tolle Landschaft – schon ca. 8 Kilometer auf der Uhr – kann ja nicht mehr weit sein. Nochmals ein Flussbett hinauf – nun wollten meine Füße wirklich nicht mehr warm werden und eine weitere Laufstrecke entlang, der Gedanke „hättest mal besser aufgegeben“ blitzte durch mein Hirn.
Dann sah ich Ropes, die hinaufgeklettert werden wollten – aber nicht mehr von mir… Meine Füße waren hierfür einfach viel zu kalt. Als nächstes folgte ein Carry (gefrorenes Wasser im Eimer) – Berg hoch Berg runter. Als ob ich jetzt noch Lust hatte irgendwas zu schleppen. Augen zu und durch. Auf meiner Uhr sah ich, dass es nicht mehr weit zum Ziel sein konnte und das lies mich positiv denken und die nächste Etappe weitergehen.
Endlich aber erblickte ich es, direkt vor meinen Augen lag es und ich lief immer schneller darauf zu!
Nein, nicht das Ziel 🙂 Sondern DAS Hindernis des Tages! Ohja, Winterrennen können wunderbar sein!
Ein Arschrutscherle (Anm. d. Red.: Verena ist ganz offensichtlich nicht aus Bayern ;)) in der Hand ging es einen Hügel hinauf und mit Gejubel den Berg wieder hinunter. Tja jetzt folgte ein Reifen-Carry oder -Flip oder wie auch immer, jedenfalls musste der Reifen ein Stück des Hügels hinauf-befördert und wieder herunter gezogen werden. Leider währte die Freude des Rutschens nicht lange, denn ich musste mehrere Minuten auf einen Damen-Reifen warten und kühlte komplett aus. Für alle, die sich jetzt denken, dann nimm halt einen Männer-Reifen, ihr habt ja per se Recht, aber den konnte ich wirklich nicht von der Stelle bewegen, geschweige denn den Schneeberg hinauf. Endlich weiter, zum dritten Mal den Berg hoch und da war es tatsächlich – DAS ZIEL. Uns beide trennten nur noch der Predator-Olympus, die Salmonladder, eine Hangelpassage und die Halfpipe. Aufgrund akuter Kälte in den Füßen (meine Zehen spürte ich kaum noch) beschloss ich lieber die Variante mit Handicaps zu nehmen – ich probierte natürlich noch, aber Kraft und Motivation waren kaum noch vorhanden.
Ich konnte es kaum fassen, aber ich lief über die Ziellinie und erhielt meine wirklich verdiente Medaille. Aufwärmen mit Tee und Umziehen waren nun hoch priorisiert. Nach einer gefühlten Ewigkeit vor dem Heizstrahler spürte ich meine Zehen auch langsam wieder. Über Zielzeiten und so sprechen wir an dieser Stelle lieber nicht – soviel sei gesagt es waren die langsamsten und anstrengendsten 12 Kilometer meines Lebens.
Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle auch Ediceh, Michaela, Andreas, Stephan und Steffi zum erfolgreichen Finish – ihr seid echt klasse!
Wer mich kennt, der weiß mein Ehrgeiz ist geweckt und ich werde dieses Rennen wieder in Angriff nehmen, um meine Zielzeit zu korrigieren, denn die Hindernisse hier waren allererste Sahne. Verbessert wird dann natürlich die Planung der Anfahrt, etc. im Vorfeld. Aber was wäre ein OCR-Race ohne Hindernisse?
Und auch Steffi kommt zum gleichen Schluß:
Tja und komm ich nun nächstes Jahr wieder? Jup die Chancen stehen gut! Ich habe ja noch eine Menge Hindernisse die ich irgendwann mal schaffen will und man wächst ja mit seinen Aufgaben.
Hast du auch einen Bericht für uns? Schicke ihn an [email protected]