von Lars
Just Getting Tough
Auch dieses Jahr hieß es Anfang Dezember wieder „Getting Tough“. Das Saisonfinale war für den 08. Dezember anberaumt. Und der OCR Munich war in stattlicher Anzahl vertreten – und zwar vom GTTR-Einsteiger bis zum Veteran.
Auch beim Sprint At Night war mit Nicole eine in der Community wohlbekannte OCR-Sportlerin des Vereins angetreten. Überhaupt fiel mir heuer bei dem Event auf, dass die Sportler des OCR Munich ein fester Bestandteil der OCR Szene sind.
In gewisser Weise war es dieses Jahr ein besonderer GTTR, da die Wetterprognosen im Vorfeld so ganz und gar nicht überzeugen konnte. Im Vergleich zu den letzten Jahren war es mit um die +5 bis +7 Grad deutlich wärmer. Und so verbreitete sich schon das Wort vom „Getting Soft“ in den Spekulationen vor dem Rennen. Es sollte sich jedoch herausstellen, dass dem ganz und gar nicht so war.
Die Temperaturen waren wirklich recht mild, gepaart mit den immer wieder kurz auftretenden Schauern und dem Windböen ergab sich auch dieses Jahr wieder eine interessante Wetterlage. Sicher war sie manch einem zu warm. Da dieses Jahr jedoch mit mehr Wasser gearbeitet wurde, als in den letzten Jahren, erhöhte der Wind den Härtegrad und auch den Spaßfaktor.
Das erste Highlight war wie immer der Massenstart. Pünktlich 10:30 Uhr endete der Countdown und es stürmten um die 3000 Läufer auf die ersten Hindernisse – die bekannte Kriechstrecke und die Wassergräben – los. Was soll man dazu sagen? Das ist einfach einzigartig! Mich wundert, dass das Kriechhindernis nicht regelmäßig abgerissen wird, aber es funktioniert. Die Leute kriegen den Arsch weit genug runter. Vielleicht liegt das daran, dass man während des Kriechens von einem Wasserwerfer „beträufelt“ wird. Und die Wassergräben werden von Jahr zu Jahr tiefer und voller. Drüber springen? Fehlanzeige!
Das mit dem „Arsch runter“ funktioniert beim Kriechhindernis nach den Wassergräben nicht mehr ganz so gut. Dieses Jahr hat es ziemlich gelitten und ein paar der im Boden steckenden Holzpfäle wurden herausgerissen, was dazu führte, dass man sich – wenn man nicht aufpasste – in den Bändern verfing. Schnell noch über die „Wall“, eine (laut Capitano) 75m breite Front von Zäunen und Wänden. Sehen harmlos aus, sind sie aber nicht – wie man später noch herausfinden sollte.
Bevor es dann auf die bekannte Laufstrecke von gut 21km und 600-700hm (ja, sind nicht mehr – ich habs mehrfach nachgemessen) ging, durften wir dieses Jahr dann endlich mal durch die Saale. Von allen 4 GTTRs, die ich nun hinter mich gebracht habe, war das der erste, bei dem der Wasserstand gepasst hat. Der freundliche Feuerwehrmann von nebenan hat die Läufer dann auch noch von seinem bequemen Brückenplatz aus mit dem Wasserschlauch malträtiert. Sollte man dem Wasserwerfer zu Beginn entgangen sein, bekam man hier die noch nicht wirklich wohlverdiente Dusche.
Zur Laufstrecke gibt es nicht viel zu sagen. Die Trails sind toll. Die Strecke ist gut abtrassiert, man kann sich nicht verlaufen. Es geht über 2 Berge im Rudolstädter Umland. Die Sonne kam immer wieder mal raus und man konnte größtenteils einen schönen Trailrun genießen. Da wollte gar nicht so recht „Getting Tough“-Feeling aufkommen. Trotzdem scheiden sich an diesem Teil des Rennens bereits die Geister. Sofern man nicht der „Lauf-Typ“ von OCRler ist, hat man hier wenig Spaß. Zwar werden die Hindernisse auf der Strecke stetig mehr, aber trotzdem spricht dieser Teil nicht den “Hindernis-Typ” von OCR-Sportler an. Bei den Hindernissen handelt es sich um Carries (einmal Reifen und seit diesem Jahr einmal Sandsäcke), ein paar Metallzäune und ein paar hohe Stapel von Papierballen, die jedes Jahr gefühlt höher, definitiv jedoch mehr werden. Alles also nix technisches.
Mir gefällt der lange Laufteil ohne viel Schnick Schnack, da ich sowohl gern laufend unterwegs bin als auch gern an irgendwelchen Stangen oder Griffen rumhänge. Und der harte Cut zwischen dem Laufteil und später den Hindernissen macht einen Großteil des Charakters des GTTR aus. Es muss eben erst eine Weile gelaufen werden, bevor die Körper der SportlerInnen hinreichend starke Ermüdungserscheinungen aufzeigen, um ihnen anschließend mit kaltem Wasser und Hindernissen zu leibe zu rücken.
Sobald man zurück ist, beginnt der Teil, dem der GTTR seinen Ruf verdankt und es gibt – auf gut Deutsch – auf die Fresse. Und das am laufenden Band. Wieder durch die Saale (diesmal ohne Feuerwehrmann). Die Zaun- und Wand-Elemente wurden in Dreiergruppen um 90 Grad gedreht, sodass sich die „Wall“ nun als eine Reihe von gut 7-8 Kletterhindernissen präsentierte. Dann wieder durch das Kriechhindernis, bei dem die Pflöcke aus der Erde gerissen waren und auf gehts zu den Wassergräben, die durch einen Quergraben verbunden sind und nun nicht gequert, sondern der Länge nach durchschritten werden müssen – das berühmt berüchtigte „U“! An dieser Stelle wurde mir klar, dass ich mein Ziel nicht erreichen werde (unter 3,5h ins Ziel zu kommen), denn bereits im Wasser, das nun locker eine Tiefe von 1,60m – 1,70m hatte, deuteten sich bei mir die ersten Krämpfe an (und das trotz Salztabletten und Gel).
Danach gehts auf die Sturmbahn. Hier habe ich meinen Kardinalsfehler gemacht – ich bin an die Monkeybars gesprungen. Anders kam man aber auch nicht ran. Die Mutter aller Krämpfe biss in mein rechtes Bein. Nix ging mehr! Zum Glück war dies das Hindernis, an dem Lukas und Nicole aufpassten. Lukas half mir den Krampf loszuwerden, Nicole gab mir Schokolade! 🙂 (Ein Segen!) Trotzdem: hat man einmal einen starken Krampf, wird man ihn nicht mehr los. Anschließend zum Sandsack-Tragen, bei dem es immer wieder über dicke Baumstämme geht.
Nun kam das Freibad. Teil 1: Unter Baumstämmen durchtauchen – 7 an der Zahl. Wegen dieses Hindernisses tragen die meisten Teilnehmer Badekappen. Nicht mein Ding. Nach dem 7. Baumstamm muss ich kurz schauen, wo es aus dem Becken geht. Dann raus und zu Teil 2: dem Hangeln über das 2. Becken. Dieses Hindernis hat das diesjährige GTTR-Event zu meinem persönlichen Highlight gemacht! Ich habe es das erste Mal geschafft und musste kein zweites mal baden. Im Freibad kamen noch zahlreiche kleine Kriechhindernisse und Reifenkombis, über die man drüber musste. Im Stadtpark dann ein kleineres Gerüst und ein kurzer Tunnel, bei denen man beide Male dank des THW beregnet wurde.
War man anschließend durch den Rudolstädter Stadtpark zurück Richtung Eventgelände gehumpelt, kamen zwei echte Brecher von Hindernis, der Wasserfall, bei dem man eine Schrägwand unter einem Wasservorhang an einem Seil hochklettern muss und die Waschmaschine, eine Kletter- und Kriechkombi, bei der man – wie soll es anders sein – extrem stark beregnet wird.
Durch das ständige Beregnen wird man mürbe gemacht. Aber das ist alles nur im Kopf, außer die Krämpfe – die sind in den Beinen. Ständig! Getting Tough! „Mein Herz und mein Geist werden meinen Körper tragen, wenn meine Glieder schwach sind!“ Das sind keine leeren Worte – nicht in diesen Momenten.
Man hat jetzt den Walk of Fame erreicht. Es folgen Hindernisse in einer Dichte, die jedem technischen OCR-Lauf zur Ehre gereichen: Sandsack Tragen unter Beregnung, Kriechen unter Beregnung, Kriechen unter Betonelementen über groben Schotter, Klettern über Betonquader, Traktorreifen und Kabeltrommeln, eine Kaskade von Eskaladierwänden, Hangeln an Stangen und an Ringen, Balancieren über Wippen (wer hat denn hier noch Gleichgewicht??), eine kleine glatte Holzpyramide, an der man an Seilen hoch und wieder runter klettert, eine super rutschige Quarterpipe, eine riesige Holzpyramide, die man auf einer Seite raufklettert und an der man sich auf der anderen Seite wieder abseilt, ein 8m hohes Baugerüst.
Jetzt ist man schon fast wieder trocken….Fehlanzeige: das vorletztes Hindernis ist ein Wasserbecken, in dem man noch einmal komplett untertaucht. Schließlich noch einmal Stacheldraht und Betonelemente, unter denen man auf Asphalt durchkriecht – über die Ziellinie! Genau: Man kriecht auf seinen Nippeln über die verdammte Ziellinie und steht als neuer Mensch in desolatem Zustand auf – als Finisher von Getting Tough The Race! Capitano und Kalli nehmen einen in Empfang, man bekommt seine Medaille. Und man ist stolz drauf (egal ob golden oder schwarz). Und man friert!
Fazit:
- Es gab kein Sauna-Zelt. Wer zur Entspannung nach dem Kalten Vergnügen auf diesen Komfort gehofft hat, wurde leider enttäuscht. (Anmerkung: Es gab ein einziges Saunazelt, dieses war aber gegen Voranmeldung zu nutzen)
- Die Ergebnisse lassen sich für ein OCR Event mit derartig starker Konkurrenz sehen. Nicole räumt beim SAN ab und wird erste Frau. Florian und Frank schaffen es unter die ersten Hundert Finisher und bringen jeweils eine „Black Pearl“ mit nach Hause. Das bedeutet, dass sie diese Tortur in weniger als 2h 45min durchgezogen haben! Carsten und Sven laufen das Ding in unter 3h! Einfach unglaublich. Alle anderen OCR Munich Sportler, die sich der Herausforderung (wiederholt) gestellt haben, haben ihr bestes gegeben, sich überwunden und bis zum letzten gekämpft! Hier muss noch Daniel erwähnt werden, der den GTTR bereits 5mal bezwungen und damit den Veteranen-Status erreicht hat.
Der Schmerz vergeht, der Stolz bleibt – deswegen auch 2019 wieder „Just Getting Tough“!
Noch ein paar zusätzliche Impressionen: