von Claudia
Der Celtic Sprint war besonders mental für mich ein sehr intensiver Lauf, an dem ich immer noch zu knabbern habe.
Deswegen berichte ich diesmal aus meiner persönlichen Perspektive:
Samstag 7 Uhr Früh, es regnet und meine Lust auf eine Monster-Tagestour mit insgesamt 9 Stunden Autofahrt hält sich in Grenzen. Aber die Startplätze sind gebucht und so machen Nici, Micha, Mike und ich uns auf die 450km lange Fahrt in Zillingtal wo um 14 Uhr Startschuss zum Celtic Warrior Sprint 4h ist. Mike und ich waren bereits im März beim „normalen“ Celtic Warrior und waren total begeistert. Deswegen sind wir auf das etwas andere Format schon sehr gespannt: Nach einem Massenstart wird das Teilnehmerfeld durch einen Prolog (2,5km Sandbag Carry) entzerrt. Sobald der erste Läufer nach dem Prolog die Startlinie überschritten hat, läuft die Uhr rückwärts und die Teilnehmer haben 4 Stunden auf dem 1,4km langen Hindernisparcours gespikt mit über 30 Hindernissen, so viele Runden wie möglich zu absolvieren. Um die Finisher-Medaille zu erhalten müssen mindestens 5 Runden absolviert werden und man muss die kompletten 4 Stunden auf der Strecke bleiben. Pausen sind natürlich erlaubt.
Als wir am Eventgelände ankommen regnet es noch immer. Wir holen unsere Startunterlagen ab und treffen viele bekannte Gesichter. Die Zeit zum Start vergeht sehr schnell und schon sind wir mit den Sandsäcken auf der Strecke. Jeder läuft heute für sich, Nici und Mike sehe ich vorne im Feld davonpreschen, ich trabe im Hauptfeld gemütlich los. Es geht einen Feldweg bergauf, wieder bergab und durch einen Tümpel. Ich bin froh, als ich die Last endlich los bin und freue mich auf die Hindernisschlacht!
Es geht gleich zu Beginn durch ein Matschloch und danach ragt auch schon die erste 3m-Wall aus dem Schilf. Kein Problem denke ich mir, das ging im März ja wunderbar, die hohen Wände hatten alle Tritthilfen und waren locker zu schaffen.
Leider gestaltet sich das diesmal etwas anders. Die Wand ist von den Läufern vor mir schon schön eingeschlammt und ich habe keine Chance allein rauf zu kommen. Aber kein Problem, der nächste Krieger ist schon da und hilft mir hoch. Perfekt! Jetzt nur noch runter lassen auf die Trittstufe und äh ok…leichter gesagt als getan! Die Wall ist oben etwa 10cm breit und „gatschig“, deswegen kann ich nicht greifen und mich langsam runter lassen und so sehr ich mich auch strecke, ich bin zu klein um an die Abstiegs Trittleiste zu kommen. Während ich noch panisch überlege, wie ich da jetzt runter komme, verliert mein linker Arm den Halt und ich knalle erst mit dem Rücken gegen die Wall und falle dann auf die Stützkonstruktion. Autsch! Na das geht ja gut los! Ich habe gerade mal das erste Hindernis hinter mir und denke ernsthaft daran aufzugeben. Ich bekomme panische Angst bei hohen Hindernissen, wenn ich keine Möglichkeit habe, sicher zu greifen. Und mir schwant, dass da noch einige kommen werden…
Ich reiße mich zusammen und laufe bzw. gehe weiter, das nächste Hindernis wartet schon in ein paar Metern Entfernung. Ich klettere über 2 Anhänger, krieche durch einen Kanal, laufe in einem stinkenden Rinnsal. Kurz darauf geht es in einen kleinen Weiher, der angenehm warm ist bei den frischen Außentemperaturen. Mehrmals geht es ins Wasser und wieder raus, zuletzt über eine rutschige Plane. Danach wartet eine 2m-Wall. Ich hier funktoniert meine Technik nicht, auch diese ist oben zu breit zum Greifen, aber man darf die Seitkonstruktion zur Hilfe nehmen. Die Strecke führt durch eine Schneise im Schilf und schon hier prescht Stefan vom Team Celtic, der bereits auf seiner 2. Runde ist, an mir vorbei! Wahnsinn! Es geht wieder in den Weiher. Diesen muss man jetzt durchwaten bzw durschwimmen und auf der anderen Seite wartet wieder eine 3m-Wall. Ich zögere, aber die zwei netten Helfer versichern mir, dass sie mich unfallfrei rauf und vor allem wieder unter bringen. Und so ist es auch und wird bei jeder weiteren Runde so sein. Meine Helden an der See-Wall 😉
Mit wieder etwas mehr Selbstbewusstsein laufe ich weiter. Es folgt die längste „Laufstrecke“ auf dem Kurs. Nach etwa 300 Metern wartet ein Container mit Reifen und danach der 150m lange Crawl. Ich rolle bis mir schwindlig wird, krieche dann weiter und wünsche mir, ich hätte auf Nici gehört und Knieschoner mitgenommen…
Als nächstes folgt wieder ein Psycho-Hindernis für mich, ich nenne es mal Inverted Kettennetz Swingover. Es dauert zwar etwas und kostet mich wahnsinnige Überwindung, aber ich schaffe es. Danach geht es über eine Holzkonstruktion auf der ein keltischer Krieger die Teilnehmer anfeuert. Unter Stacheldraht und durch Matschgruben weiter zu den Monkey Bars, die leider nass sind. Als Hindernisstrafe bzw. als Pussy Lane gibt es hier einen Barbed Wire Crawl. Weiter geht es mit Sandbag Carry durchs Schilf und über Palettten und mehreren 2m Walls, die aufgrund des Schlamms von den wenigstens alleine zu schaffen sind. Aber das ist kein Problem, man hilft sich gegenseitig, die Stimmung ist trotz schlechtem Wetter gut und so langsam beginnt es mir Spaß zu machen. Noch eine Matschgrube, Paletten und Reifen und dann die nächste 3m Wall, auch komplett verschlammt. Hier bekomme ich wieder Hilfe hinauf. Beim Abgang das gleiche Spiel wie am Anfang: ich komme nicht an den Tritt. Panisch bitte ich um Hilfe, werde gestützt aber auch dieser Abgang ist alles andere als kontrolliert. Langsam frage ich mich, ob ich mich heute extrem dämlich anstelle…
Das nächste Hindernis wurde eh schon teilweise gesperrt: zwei Baugerüste mit Stangen in etwa 4m Höhe verbunden. Hier hätte man wohl ursprünglich hangeln sollen. Nun muss man über beide Gerüste drüber klettern. Das erste etwa auf 3m Höhe, das zweite hat ein Zwischendeck auf der gleichen Höhe und geht dann aber noch auf 4-5m hoch. Alle klettern nach ganz oben, also mach ich das auch. Es regent immer mal wieder, deswegen sind die Eisenstangen auch nass und schlammig. Als ich runter klettern will rutsche ich etwas hab, kann ich aber noch halten. Ich schaue nach unten und muss schlucken. Ein Sturz hier würde übel enden. Ich erreiche sicher den Boden, klettere über ein Netz auf eine Schrägwand und vor dem Ziel trohnt die letzte vollgeschlammte 3m-Wall auf der Runde. Beim runterklettern bekomme ich Hilfe, aber gefühlt ist hier der Tritt nochmal etwas weiter unten. Mir bleibt nichts anderes übrig, ich muss mich auf den Tritt fallen lassen. Das klappt natürlich nicht und so liege nicht nur ich am Boden sondern auch mein Helfer. Aber zum Glück ist wieder nichts passiert, ich entschuldige und bedanke mich und beende meine erste Runde.
Während ich mit mit Iso-Drink stärke, überlege ich was tun soll. Ich will die beiden Walls an denen ich gestürzt bin nicht mehr machen und auch das hohe Gerüst ist mir persönlich zu riskant. Ich bin an den Start gegangen weil ich Spaß haben wollte und an meine Grenzen gehen wollte, aber nicht um wieder monatelang wegen einer Verletzung auszufallen. Aber ich bin auch nicht fast 450km hergefahren und 4 Stunden auf den Rest des Teams zu warten. Deswegen treffe ich eine Entscheidung, die eigentlich gegen meine Grundprinzipien verstößt und die wahrscheinlich nicht jeder für richtig hält: ich breche das Rennen nicht ab, aber werde in den folgeden Runden die erste und die letzte hohe Wall nicht mehr machen und beim Baugerüst nur noch auf die Zwischenplattform klettern. Nicht um mir einen Zeitvorteil zu verschaffen sondern einfach, weil heute wohl nicht mein Tag ist. Ich bin heute wahnsinning unsicher an den Hindernissen und möchte keine Verletzung Riskieren. Es gibt keine Strafen an den Hindernissen und, nachdem ich im Vorfeld nichts dazu auf der Homepage gelesen hatte und der Helfer an der ersten Wall meine Entscheidung auch nur mit Schulterzucken kommentiert, scheint es wohl kein Grund zur Disqualifikation zu sein.
Ab diesem Zeitpunkt kann ich das Rennen endlich richtig genießen. Auf der Strecke treffe ich immer wieder auf Michaela und eine nette Teilnehmerin aus einem anderen Team. Beide sind auch nicht besonders groß und ich bin irgendwie erleichtert zu hören, dass sie genau wie ich mit den Walls zu kämpfen haben. Genauso erleichtert bin ich, zu sehen, dass es auch andere Teilnehmer gibt, die beim Gerüst nicht bis ganz oben klettern oder ein hohes Hindernis auslassen.
Mike und Nici überrunden mich und ich arbeite mich im gemütlichen Tempo Runde um Runde weiter. Nach der 5. Runde könnte ich eigentlich aufhören. Es sind aber noch 45 Minuten auf der Uhr und man muss die volle Zeit auf der Strecke sein um zu finishen. Da ich keine Lust habe zu warten und zu frieren, starte ich noch in eine 6. Runde. Am Ende der 6.Runde nehme ich nochmal meinen Mut zusammen und um nicht komplett unehrenhaft abzuschließen und stelle ich mich nochmal der Schlammwand vor dem Ziel. Diesmal bekomme ich Hilfe von einem Orga-Team Mitglied, aber es hilft nichts, ich mache wieder einen unschönen Abgang und krache voll auf auf meinen Helfer drauf. Sorry!
Es sind noch 2 Minuten auf der Uhr, also die perfekte Zeit um aufzuhören. Ich bekomme – ob nun verdient oder nicht – die Finisher Medaille und versuche mich vom gröbsten Dreck zu befreien: Michaela ist auch gesund im Ziel und wir warten auf Nici und Mike, die zusammen ihre 8. Bzw. 9. Runde absolvieren. Nici ist damit klare Siegerin des Rennens und stellt auch noch einen neuen Rundenrekord bei den Damen auf! Wahnsinns Leistung Nici!
Um uns die Zeit bis zur Siegerehrung zu vertreiben essen wir noch eine Kleinigkeit. Schon bald sind die Ergebnisse online und ich bin ziemlich baff, als die anderen mir sagen, dass ich auf Platz 5 bin und damit noch einen der Sonderpreise (Hangelgriffe im Celtic Design) bekommen würde. Das ist jetzt natürlich etwas unglücklich, war aber auf der Strecke wegen dem Rundensystem nicht abzusehen und von mir auch nicht forciert. Aber es erübrigt sich schnell, der Veranstalter kommt auf mich zu: es gab Beschwerden über mich, weil ich Hindernisse ausgelassen habe und er müsse mich zurückstufen. Basst eh!
Nach der Siegerehrung machen wir uns gleich auf die Heimreise. Wir sind uns einig, dass es ein brutales Rennen war, aber trotzdem massiv geil! Zillingtal, wir sehen uns im März! Dann aber hoffentlich wieder bei Sonnenschein!