Strong Viking mal Vier

von Lars

Einmal das OCR Maxi Menu, bitte…

Meine internationale OCR-Erfahrung beschränkt sich bisher auf Österreich. Das ist aber – gefühlt – nicht wirklich Ausland. Um diesem Umstand einmal Abhilfe zu schaffen dachte ich mir, dass es eine gute Idee ist, mich am Wochenende 15./16.6. nach Nijmegen zu begeben zu einem FETTEN OCR-Wochenende beim Strong Viking.

Die Niederlande sind das Mutterland von Strong Viking und ich finde, das merkt man auch. Es war ein Vollgas-Event und die Jungs von SV haben das ganze Wochenende Party gemacht. Es lief dauernd Musik mit fetten Bässen, lauter lachende Gesichter um einen herum und eine sehr große Anzahl von Zuschauern – oft Familien mit Kindern – verliehen der Veranstaltung eine ganz besondere Atmosphäre. Diese geniale Stimmung in Kombination mit anstrengenden sportlichen Challenges und einem weltklasse Elite-Wettkampf im OCR-Sport, nämlich den OCR Series World Finals, haben das Wochenende zu einem ganz besonderen Erlebnis werden lassen.

Ich wollte aber nicht nur Spaß haben, sondern auch eine Grenze testen. Mein Programm sah an beiden Tagen jeweils zwei Läufe vor, sodaß ich so dicht wie möglich an die 60km herankomme. Für alle Läufe zusammen hatte ich mir ein eigenes Zeitlimit von 10 Stunden gesetzt. Außerdem wollte ich mir das Gros der Strong Viking Medaillen abholen. OK, ich geb’s zu – ich mach das alles nur der Medaillen wegen…und weil man danach so schön platt ist.

Am Freitag Abend kam ich – nach knapp 7 Stunden Fahrt – im Hotel „de zeven Heuvelen“ in Groesbeek an. Ein nettes kleines Hotel, in dem es sogar eine Sauna gab, die ich jedoch nicht in Anspruch genommen hatte. Ausstattung und Frühstück waren ok. Da ich am Freitag schon recht zeitig ins Bett gegangen war, wurde ich am Samstag auch entsprechend früh wach und merkte schnell, dass es draußen Bindfäden regnete. Allerdings entsprach das der Vorhersage, sodass ich nicht wirklich überrascht war.

Das Frühstück war ein bisschen spät, sodass ich mich beeilen musste. Allerdings erreichte ich dann pünktlich das Event-Gelände und konnte mir noch den Start der Vikings um 10 Uhr anschauen, bevor es für mich 10:20 Uhr zum ersten Mal losging. Im Startbereich hinter der 3m Wand wurden wir dann von „Give an ORAAH for“-Synthia aufgewärmt. Hier lernte ich eine neue Übung kennen – ich nenne sie den „Aggro-Hampelmann“, denn wir haben sie im Takt zur Technomucke gemacht 🙂 War lustig. Es folgte der Viking Haka, der den Start-Countdown einleutete und dann gings los.

Man muss wissen, dass das Event-Gelände in Nijmegen an einem See liegt, um den man in verschiedenen Richtungen herum läuft. Es hat bei mir sage und schreibe 3 von 4 Läufen gedauert, bis ich die Orientierung hatte. Das ist eigentlich ungewöhnlich, da ich mich recht gut zurechtfinde und die Örtlichkeiten meist gut einschätzen kann. Naja, aber im Prinzip ist das auch nicht wichtig. Alles, was man wissen muss, ist, dass man auf einer 20km-Strecke ist und dass es vorbei ist, wenn man angekommen ist.

Beast Nr. 1 am Samstag war der coolste Lauf. Die Strecke war noch einigermaßen laufbar – natürlich auch wegen der noch vorhandenen Energie, aber das ist eine andere Geschichte. Trotz des Regens an den Vortagen ging es gut voran. Die Mud-Areas hingegen ließen schon erahnen, worauf es später hinauslief. Überhaupt gab es für eine Water Edition extrem viel Schlamm. Natürlich wurde man an den einschlägigen Wasser-Hindernissen auch immer wieder sauber – ich sag nur: Flying Ragnar, 4 mal! 🙂 Aber größtenteils war es doch gaaanz schön schlammig! Zum Glück hatte die Strecke keine nennenswerten Höhenmeter. Diese Kombination wäre wohl tödlich gewesen…Mit dem Schlamm ging eine andere Schwierigkeit einher: Verdreckte Hangel-Hindernisse. Eine Monkey-Snake mit anschließenden Monkey Bars wird extrem viel schwerer, wenn man immer droht abzurutschen. Aber es geht.

Auf der Strecke traf ich immer mal wieder Sarah, die verdammt schnell an mir vorbeizog, nur damit ich sie am nächsten Hindernis wieder eingeholt hatte. So wechselten wir uns immer wieder ab. Am Ende im Ziel erzählte Sie mir, dass sie letztes Jahr bei Getting Tough den 2. Platz geschafft hatte, was mir erstmal den Unterkiefer runterklappen ließ 🙂

Zu den Hindernissen gibts nicht viel zu sagen – Strong Viking eben, einfach genial. Die Kombi Ice Axe / Berserker Crawl am Ende ist der Hammer, obwohl Ice Axe für mich schon deutlich besser lief diesmal. Berserker Crawl, no chance! Aber vielleicht strenge ich mich auch nicht genug an. Ich gebe zu, dass es am Ende eines Beasts verlockend ist, einfach nochmal 10 Burpees rauszuhaun, statt sich da durch zu quälen. Vielleicht sollte das Hindernis irgendwo zentraler auf der Strecke stehen, so wie der Weaver. Den liebe ich heiß und innig, besonders den Teil in der Mitte unter dem Netz. Der Weaver ist ein Paradebeispiel für „Technik ist alles“. Strong Wall und Log Climb – beide genial! Und natürlich der Fjord Drop. Den konnte ich an diesem Wochenende dreimal machen und der wird einfach nicht langweilig. Und dann – wo man am weitesten vom Start- und Zielbereich entfernt ist – wird es ländlich und man läuft: ……….. durch einen Kuhstall 🙂 🙂 Ich muss gestehen, das hat mich wieder aufgebaut und eine Weile gen Ziel getragen. Auf dem Rückweg gabs dann noch eine richtig lange Tyrolian Traverse (über ein Gewässer). Die hatte es ganz schön in sich.

War man wieder im Start- Zielbereich zurück, kamen besagte Hammer-Hindernisse und dann ging es auch schon das erste Mal über die Walhalla Stairs! Das war fast wie bei einem Iron Viking, wo man genau weiß, dass man noch zweimal hier vorbeikommt. Ok, runter, Torque geholt, Bier geholt, gewartet, bis Sarah ankam und noch ein paar Worte mit Ihr gewechselt. Dann hieß es: Vorbereiten für den Warrior. Die Startzeit wahr eigentlich für 14:20 Uhr angesetzt, aber da ich die erste Runde in 2:42h geschafft hatte, reichte die Zeit für das Bier und den Zwischendurch-Riegel so, dass ich schon 14:00 Uhr loslaufen konnte. Meine Idee war, dass ich für diese Runde unter 2 Stunden bleiben wollte.

Allerdings stellte sich heraus, dass das schlicht utopisch war. Zum Einen waren vorher bereits mehrere Beast- und Warrior-Wellen über die Strecke gebügelt und hatten ihr ein neues Feel verpasst. Richtig viel Matsch! Alles was vorher an Mud-Area noch einigermaßen passierbar war, hatte nun seine Konsistenz deutlich verändert und sich komplett verflüssigt. Zum Anderen machten sich bei dieser Runde die Staus an den Hindernissen so richtig bemerkbar. Besonders an der Tyrolian Traverse stand ich echt lang. Als kleines zusätzliches Mind-Fuck-Feature kam die Abkürzung hinzu, die die große Beast-Schleife vom Warrior abtrennt. Diese Abkürzung bestand aus einem viel zu langen Stück Joggen auf Teer. Der Warrior war eh schon gut ein und einen halben Kilometer länger als ausgeschrieben, aber all diese Umstände zusammen machten ihn zu einer ganz schönen Hängepartie.

Unterwegs habe ich immer wieder auf die Uhr geschaut. Ich wollte sub 2h laufen und die Minuten zerrannen mir unter den Füßen. Schließlich war ich nicht mehr frisch und musste auch gegen meinen Körper kämpfen bzw. ihm immer wieder gut zureden. Nach gut 2:28h kam ich im Ziel an und war heilfroh, das Programm des ersten Tages hinter mich gebracht zu haben. Allerdings war ich nicht glücklich, wußte ich doch, dass ich mehr Zeit gebraucht hatte, als ich wollte und die große Rechnerei für Tag 2 ging los. Aber erstmal hieß es nun power-chillen, um am nächsten Tag wieder fit genug zu sein, um den Rest des Programmes durchzuziehen.

Nachdem ich während des Warriors schon die ganze Zeit über den See schallen hörte, daß um 18:30 Uhr die OCR Series ihr großes Finale für diese Saison hat, wollte ich mir dieses Spektakel nicht entgehen lassen, zumal sich Stefan – wie schon letztens berichtet – qualifizieren konnte und auch mit am Start war. Also holte ich mir nachdem ich mich umgezogen hatte erstmal zwei Viking Burger und lud Proteine und auch ein paar Kohlenhydrate nach. Ihr glaubt gar nicht, wie schnell die weg waren. Dann machte ich mich auf die Suche nach Stefan und fand ihn schließlich beim Athlet-Briefing unterm Red-Bull-Zelt. Wir quatschten ein bisschen und wollten eigentlich am nächsten Tag den Beast zusammen laufen, was jedoch leider nicht geklappt hat…

Dann wohnte ich dem Start der Series Athleten bei und muss gestehen, dass es nochmal etwas anderes ist, wenn man die Jungs und Mädels in Realität losfetzen sieht. Ich denke, dass ich mit unter 3h für einen Beast beim Strong Viking nicht allzu schlecht unterwegs bin, aber wenn ich sehe, dass der Sieger, der dieses Jahr kein geringerer als Johnathan Albon war, diese Distanz in 1:28h abreißt, dann komme ich mir echt klein vor. Und das ganze dann auch noch mit mehr und deutlich schwereren Hindernissen auf der Strecke, die „normale“ Beast-Starter nicht absolvieren mußten. Das Schöne ist, dass ich ein paar nette Eindrücke sammeln konnte und mich ehrlich gesagt gewundert habe, dass es auch bei den Elite-Athleten zu Stau am Hindernis kommt. Nachdem der Sieger dann im Ziel war, habe ich mir den dritten Viking Burger eingeschmissen und bin danach Richtung Hotel abgedüst, wo ich mich an diesem Abend recht schnell ins Traumland verabschiedet habe. Allerdings erst nach einer ausgiebigen Faszien-Rollen-Session. Ich hatte leider kein Magnesium dabei. Das wäre auch noch gut gewesen, aber es sollte auch ohne gehen. Überhaupt war ich relativ überrascht, wie „unverkrampft“ ich unterwegs war.

Am nächsten Morgen war ich wieder deutlich vor dem Frühstück wach und musste mich dann allerdings beeilen, weil ich noch zeitiger starten wollte – nämlich schon um 9:40 Uhr. Also musste alles knapp und zügig gehen – ein Vorteil, wenn man das Timing eines Events komplett in den eigenen Händen hat. Schließlich schaffte ich es wieder pünktlich zum Start und Synthia heizte uns ordentlich mit den Aggro-Hampelmännern und einigen anderen Übungen ein. Dann kam wieder der Viking Haka und gleich danach ging es los. Dadurch, dass ich das nun schon zum dritten Mal gemacht hab und durch die Beschallung quer über den See, bei der man die Starts der anderen Startwellen mitbekommt, kam es mir schon wie eine liebgewonnene Gewohnheit vor. Besonders cool finde ich natürlich immer, wenn die Starter den Codex nachsprechen:

Strong Viking is not a race but a challenge.
Vikings NEVER QUIT.
Viking conquer their fears.
We leave no Viking behind.
Vikings will drink their beer in Walhalla.

Als kurz nach dem Start meine Füße fast sofort wieder nass wurden, war auch das schon fast so etwas, wie eine schöne Gewohnheit. Laufen mit trockenen Füßen is voll fürn Arsch, wenn man es genau nimmt 🙂 Ein Stück Freiheit, einfach durchlaufen, fertig. Irgendwann fiel mir wieder ein, dass jetzt wieder die gesamten Beast-Kilometer vor mir lagen und kurz war ich versucht zu denken: „Och nö!“ Aber nur kurz! Es lief dann einfach. Man ist unterwegs, sieht die Stellen, die man mag oder nicht mag und denkt „Schade, hier komme ich nicht mehr vorbei.“ oder „Zum Glück ist es das letzte Mal durch diese verdammte Schlammschneise.“ Es gab wirklich Streckenabschnitte, die wünschte ich zur Hölle, meist die, wo man bis zum Knie versank! Die Strecke hatte sich seit dem Vortag nicht zu ihrem Vorteil gewandelt und so war diesmal schon der Beast challenging. Auch natürlich wegen der Vortagesbelastung.

Aber darum ging es mir ja. Das war, was ich wissen wollte: Kann ich ohne signifikante Erholungspause wieder starten und längere Distanzen durchziehen? Es lief nicht fluffig, wie am Vortag, aber es ging. Allerdings bestätigte mir meine Uhr, dass mein Körper am Limit war. Nach dem Lauf bescheinigte sie mir sowohl für den aeroben als auch den anaeroben Trainingseffekt einen Wert von 5.0, was eine saubere Überlastung ist. Von der Muskulatur will ich gar nicht sprechen. Die ist nach wie vor der Engpass.

Ich versuche immer, so lange zu laufen, wie es geht. Locker lostraben, kleine Schritte, nicht zu hoch „hüpfen“ – aber irgendwann kommt der Punkt, an dem ich das Gefühl habe, dass es auf keinen Fall mehr geht. Dann wende ich meine Aufmerksamkeit nach innen und versuche nur noch, meinen Zustand zu analysieren. Ich befinde mich dann in einem inneren Dialog. Parallel dazu zieht die Strecke an mir vorbei und ich hake die einzelnen Stellen und Hindernisse ab. Freue mich, dass ich nicht noch einmal vorbeikomme. Als ich die Tyrolian zum dritten Mal absolvieren wollte, ließen mich meine Oberarme schließlich im Stich und ich ließ mich einfach mal – der Erfrischung wegen – ins Wasser plumsen. So ging der 2. Beast dahin und als ich am Ende wieder „automatisch“ die Walhalla-Stairs erklomm, tauchte ich wieder auf und stellte fest, dass unten gerade eine neue Startwelle mit dem Viking Haka motiviert wurde. Da blieb ich doch glatt auf der Stufe oberhalb von Synthia stehen und hab dann gleich noch mitgemacht – allein ganz oben 🙂 Dann sprang ich die Stufen runter, schaute auf die Uhr und konnte es kaum glauben: Ich war praktisch genauso schnell wie am Vortag gewesen. Ein Wahnsinn! Das gab mir genug Puffer für den letzten Lightning.

Ich flitzte also ins Umkleidezelt, aß einen Riegel, trank etwas Wasser und packte mir alle bis dahin erkämpftenn Bändchen an den Arm – die eigentlich jetzt schon für alle drei Medaillen gereicht hätten. Aber ich wollte mir den Moment der Momente – das Abholen der Medaillen – bis zum Schluss aufsparen. Der letzte Happen des OCR Maxi Menüs sollte der leckerste werden und ich brauchte für den Lightning eine gute Motivation. Dann zurück zum Start-/Zielbereich, in die Welle 20 Minuten früher als geplant (super, das war auch noch für die Rückfahrt gut). Das vierte Mal „Aufwärmen“, Aggro-Hampelmänner, Codex, Viking Haka und los.

Über die letzte Runde gibt es nicht viel zu sagen. Ich kannte alles, wußte, was auf mich zukommt. In Trance oder einem ähnlichen Zustand absolvierte ich die Strecke. Diesmal konnte ich nach Blatant (ein neues Wasserhindernis) zu den Walhalla Stairs abbiegen, was ein enormer Vorteil war, da ich so recht sauber im Ziel ankam. Und das ganze nach nur 1:09h. Ich hielt mich nicht lange oben auf, wollte meine Belohnung! Also runter, Bändchen kassieren, diesmal kein Bier mitnehmen und ab zum Medal Point.

Ich hatte 7 Bändchen am Arm, 4 davon Beast!

Jeder, der Strong Viking kennt, weiß, was das heißt. Ich hatte mir bisher keine einzige Medaille geholt, um alle drei gleichzeitig „abzufassen“. Und YES! So war es auch. Der Volunteer hatte ein paar Probleme, alle Bändchen abzuknipsen und dann gehörten sie mir. Falls sich das jetzt etwas seltsam liest – Medaillen sind schon extrem wichtig. Und die von Strong Viking sehen verdammt gut aus und rechtfertigen definitiv die ganze Mühe.

Nachdem ich mich anschließend ein wenig gereinigt hatte und mir noch nen Viking Burger und nen Hamburger eingeschmissen hatte, hab ich nochmal genau nachgerechnet, ob ich mein Zeitziel auch erreicht hatte. Und was soll ich sagen:

58,82km in Summe in 9:01h…

 

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