OCR Munich bei der OCR Europameisterschaft in Frankfurt

ein Bericht von unserer Elli…..

OCR EC Frankfurt, 04.06.2017

Nachdem ich mich entgegen der Erwartungen im April beim Spartan Race Sprint in München für die OCR European Championship qualifiziert hatte, haben mich Mike und Claudia gedrängt, mich anzumelden. Da Uwe, Claudia, Angelina und Mike am Strong Viking und Strong Viking Family Run auf dem nahezu gleichen Gelände teilnehmen wollten und Nicole die EM auch laufen sollte, habe ich mich ihnen angeschlossen und bin voller Vorfreude und Angst mitgefahren.

Vor dem Rennen

Sonntagmorgen war ich viel zu früh auf dem Gelände, da sich Claudia und Mike als Volunteers (hier Crew) gemeldet hatten und um die unchristliche Zeit von 7:30 da sein mussten. Sie wurden dann an die einzigen beiden Wasserstationen verteilt, die sich bei Kilometer 8 und 16 befanden. Hier gleich der große Kritikpunkt: viel zu wenig Wasser auf der Strecke. Wenn man ein paar Penalty Laps (Strafrunden) drehen musste, ist man bei über 25 Grad wirklich dehydriert.

Ich habe dann meine Startunterlagen und das begehrte schwarze Armband abgeholt. Ziel des ganzen Laufes ist es, das Band ins Ziel zu bringen. Es gibt bei der OCR EC zwei Sorten von Hindernissen. Break Obstacles, die man schaffen muss, aber so viele Versuche hat, wie man möchte und Hindernisse, bei denen man nur einen Versuch hat und bei Scheitern eine Penalty Lap einlegen muss. Wenn man an einem Break Obstacle nach etlichen Versuchen aufgibt, gibt man das schwarze Band an die Crew und darf weiter. Da man das Band verloren hat, kann man alle kommenden Break Obstacles nach einem ernsthaften Versuch überspringen. Dabei wird immer die Startnummer notiert, damit kein Athlet das Band in die Tasche steckt und später wieder anzieht.

Die Strecke hatte ohne Penalty Lap eine Distanz von 20 Kilometern, auf meiner Uhr waren nach 3 Penalty Laps am Ende 22 Kilometer. Die Distanz der Penalty orientiert sich dabei an der Zeit, die man zur Überwindung des Hindernisses bräuchte. Heißt: Schwieriges und langes Hindernis, lange Penalty Lap, teils mit Höhenmetern. Insgesamt warteten 50 Hindernisse auf die Athleten.

Meine Startzeit in der Age Group war um 11:40 Uhr, bis dahin vertrieb ich mir die Zeit mit den Starts der anderen Gruppen und dem ersten Hindernis, dem Seil, hier Dragon Ropes genannt. Meine Nervosität legte sich schlagartig, als die Frauen Elite kam und eine Frau ihr Band hier abgab. Ich würde nicht die Schlechteste sein. Wer mich kennt, weiß, dass ich mehr gehe als laufe, aber stark an den Hindernissen bin. Meine größte Stärke und Schwäche zugleich ist, dass ich nicht aufgeben kann. Das würde sich an diesem Tag ändern.

Um 11:40 Uhr gab es eine motivierende Rede von Coach Pain, der speziell auf jede Startgruppe abgestimmte Sachen sagte. Und wer Coach Pain kennt, der weiß wie das unter die Haut geht….  Wir starken, schönen Frauen, die so viel Mut und Stolz besitzen… und wenn Dunkelheit über uns kommt, sollen wir ein Licht in uns Selbst finden.

Das Rennen

Der Startschuss fiel und wir liefen zum Rope. Kein Problem für mich. Es ging weiter zum Raise the Sail. Hier mussten Kettlebells über eine Seilwinde nach oben gezogen werden. Normalerweise kein Problem, aber die OCR EC unterscheidet nicht zwischen Männern und Frauen, also waren alle Gewichte für mein Dafürhalten sehr schwer. Nun kam schon die Rope XXL – ein Seil, das man hochklettern muss, das aber so dick ist, dass man die normale Seiltechnik nicht nutzen kann. Hier scheiterten aus meiner Startwelle ein paar Frauen.

Es folgte ein Loaded Carry mit einem Sandsack und der Weaver. Der Weaver ist eine Holzkonstruktion mit parallelen Stämmen, bei dem man unter einem Stamm durch und über den nächsten drüber muss. Dank Claudia und Mike habe ich am Vorabend ein Technik Video geguckt, das mir an diesem Tag noch mehrmals zugutekommen sollte. Das Balancier-Hindernis aus Holz war lustig, danach kam der Water Cage. Etwas schwieriger hier: man muss an zwei Stellen mit dem Gesicht unter Wasser, was (bei mir) zu kurzer Orientierungslosigkeit geführt hat.

Konans Weel ist ein Schwenkarm in Form einer Metallstange mit einem (schweren Männer-) Gewicht daran. Diesen gilt es hoch zu heben und 360 Grad um die Fixierung zu laufen. Es folgte ein weiteres Break obstacle, das einige Frauen das Band gekostet hat. Gunnors Rope: man bekommt ein kurzes Stück Nylonseil, das man über einen Balken wirft, packt beide Enden und muss damit auf die andere Seite kommen, natürlich ohne den Boden zu berühren.

Es folgen nahezu unendlich lange Dragon Tails – auch als Tyrolian Traverse bekannt. Nun laufe ich zum Sled Pull, einem Schlitten mit Gewicht. Ich muss mich bei jedem Zug auf den Boden kippen lassen und der Schlitten bewegt sich jedes Mal nur minimal nach vorne. Hier ist Körpergewicht von Vorteil. Im Wald erwartet uns die Log Road. Eine Straße mit Baumstämmen auf Bauch / Brusthöhe, die man überwinden muss. Leider ist keine Crew zu sehen und ich frage mich, wie viele Athleten einfach vorbei laufen und nehme dennoch brav jeden Stamm.

Es folgen einige Matsch Löcher und danach der Hammerwurf. Ich treffe den Hammer und darf weiter. Ich komme an die Station Log Drag: 3 etwa 1,5 Meter lange Baumstämme, die mit Seilen verbunden sind. Man muss damit eine kleine Runde durch den Matsch laufen. Es ist aber kein Vergleich zum Log Drag in Fürstenau beim Strong Viking, wo die Strecke durch Kies ging und man vor jedem Baum einen riesen Haufen Steine her geschoben hat. Dann endlich die erste Wasser Station mit Mike.

Gestärkt geht es an den Hammer Banger, bei dem man mit einem schweren Holzhammer einen Baumstamm durch eine Konstruktion schlagen muss. Dann die Walls 2.0. Ich mag Wände, aber hier denke ich zum ersten Mal ans Aufgeben. Es sind 3 Wände, eine Schrägwand (kein Problem heute), dann eine circa 2,5-2,8 Meter Wand. Es gibt einen Frauen-Tritt, aber man darf sich  nicht am Rand festhalten und ich Rutsche immer ab. Ich probiere es gefühlt 10-mal, bis ich endlich drüber bin. Danach kommt eine Inverted Wall, die aber keine Griff- Nut hat, wie bei den Spartan Races und mich nach der Anstrengung vorher viel Kraft kostet. Leider auch ein Break Obstacle, also muss die Wall bezwungen werden. Nun folgt Monkey Bars climb up. Seil hoch, dann hangeln, am Ende wieder an ein Seil übergehen und der knifflige Teil: über das Seil nach oben auf einen Balken. Ein Mann neben mir scheitert und ich quäle mich hoch.

Am nächsten Hindernis, den Twigs geht mit die Kraft aus und ich muss in die Penalty Lap. Senkrechte, runde Holzstäbe, mit kurzen Seilen daran gilt es ohne den Boden zu berühren zu durchqueren. Ich komme an die Monkey Beams, ein langes Kombi-Hindernis aus Holz. Das Hindernis muss komplett unterklettert werden und ich mache viel Pause. Der Farinato Swing over – ein Seil an einem Balken hoch, oben drüber und wieder runter macht mir oben Angst, da man ungesichert ein paar Meter in die Tiefe stürzen könnte. Beim Jungle Playground schwingt man sich von Seil zu Seil zwischen zwei Bäumen hindurch. Mein Nebenmann berührt den Ziel-Baum mit dem Fuß statt mit der Hand und wird eiskalt in die Penalty Lap geschickt. Es folgt meine zweite Penalty Lap am Beer Barrel Swing.

Ich habe fast keine Kraft mehr, daher versuche ich es auch eher halbherzig. Unter einem Metall Bierfass ist ein Seil befestigt. Seil hoch, über das Bierfass, über den Balken und wieder runter. Die Penalty Lap hat nur 600 Meter. Bei den Grip Sticks meine nächste Penalty. Kurze (zugegeben sehr griffige) Röhren hängen an einem Balken und man muss nur mit den Sticks zur anderen Seite. Keine Chance für mich. Es folgt ein Hindernis mit der längsten Penalty Lap, die ich unbedingt vermeiden will. Also Baum hoch, Tyrolian Traverse rüber, Seil hoch, Monkey Bars ohne Stop an eine Tyrolian Traverse, an ein Seil zurück. Kurzer Stopp auf einem Autoreifen. Mehrere Autoreifen an Seilen überwinden, dann wieder Stoff auf einem Netz. Das Netz muss von unten beklettert werden und am Ende unter einem Baumstamm durch, hochdrücken und draufsteigen. Es kostet mich alles. Alle von der Crew und Fotograf kommen um mich zu unterstützen und sprechen mir Mut zu. Am Ende schaffe ich es und vor Anstrengung und Verzweiflung schüttelt es mich, die Crew gibt mir einen Schluck Isotonisches Wasser.

Ich laufe weiter und komme an die Ringe. Ich denke nicht, dass ich sie noch schaffe, nehme mir dann aber doch zwei Ringe und lege sie über die Holzstäbe, die aus einem Waagrechten Balken ragen. Seitlich hänge ich mich an die Ringe und löse abwechselnd einen um ihn umzusetzen. Der Crew-Mann motiviert mich. Nächste Wasserstation oben auf dem Hügel. Endlich, Claudia mit Wasser. Es geht in die Endphase. Der Farinato Pegboard Climb. Ein Eckiger hängender Baumstamm mit Löchern und ich bekomme zwei kleine Holzstäbchen. Drauf steigen ist Tabu und ich stecke beide in ein Loch und ziehe mich hoch. Es sind nur noch 2 Kilometer ins Ziel.

Es folgt Tire Flip (Einheitsgröße: Groß) und die Strong Wall. Eine Wand, unten offen, im oberen Drittel Löcher für die Finger.  Ran springen, hoch ziehen, mit den Händen auf die Oberkante umgreifen und drüber.  Es geht in den Zielbereich. Über einen Barren stützen und zur 15 Meter hohen Wasserrutsche weiter. Schlimm für Menschen mit Höhenangst, aber ich mach die Augen zu und werde runter geschubst. Nass komme ich zur Verjagen Saga, ich nenne sie auch Versagen Saga. Ein Break Obstacle. Schräge Wall hoch, dann ein Sprung zur anderen Seite. Ich stehe sicher 10 Minuten und traue mich nicht zu springen. Bei jedem Versuch wird es aber leichter. Man muss 4 unterschiedlich gerichtete Räder überwinden. Ich scheitere fast an meiner Blockade im Kopf, an das erste Rad zu springen. Um mich herum versuchen es OCRler teilweise 7-mal, bis ich überhaupt springe. Ich springe irgendwann doch und verpasse den richtigen Moment ans zweite Rad zu greifen. Insgesamt brauche ich 4 Versuche und läute am Ende die Glocke.

Die Flying Monkeybars schaffe ich bis zu hälfte, da die Penalty Lap aber nur 200 Meter lang ist, ziehe ich diese einem zweiten Versuch vor. Das vorletzte Hindernis. Überall OCRler in Finisher Shirts. Charles Franzke und Till Zimmermann beobachten die Athleten am Hindernis. In einen Ring treten, eine Stange auslassen, in einen zweiten Ring, dann Monkey Bars und Pause. Es folgen Ring, Kurze Stange, Ring, Lange Stange, Glocke. Ich schmiere ab. Ich hab immer noch mein Band und will es jetzt so gern ins Ziel bringen. Nach dem zweiten Versuch bin ich am Ende. Ich setze mich vor das Hindernis, weine, werde getröstet und bekomme Wasser.

Um mich herum geben einige auf und geben ihr Band ab, damit sie ins Ziel kommen. Ich bin 5 Stunden unterwegs und am Ende meiner Kraft. Ein OCR Elite Läufer baut mich wieder auf. Ich kann nicht aufgeben, also versuche ich es nochmal. Ich will vom Ring an die Glocke, weil ich die Stange nicht halten kann. Bin aber zu klein und komme einfach nicht hin. Letzter Versuch. Diesmal mit Stange und tatsächlich komm ich zur Glocke. Ich darf zum letzten Hindernis. Am Rand warten viele OCRler und schauen zu.

Über eine Wand. Auf der anderen Seite warten dünne Seile, die man Bündelweise packen muss und auf die andere Seite. Ich bekomme die Fußtechnik nicht hin und rutsche ab. Bei jedem Versuch reißt die Haut an den Fingern auf und man muss von vorne beginnen. Ich bekomme Wasser, Umarmungen, Zuspruch, Tipps, alle feuern an und rufen, drücken die Daumen. Coach Pain wird geholt oder kommt, das weiß ich nicht. Er schreit mich an, baut mich auf und schickt mich wieder ins Hindernis. Wieder rutsche ich ab. Ich kann nicht mehr und will aufgeben. Ich will nach Hause. Ich will das blöde Band abgeben. Ich ziehe es mir vom Handgelenk und gebe es einem Volunteer. Alle reden auf mich ein, Coach Pain nimmt dem Volunteer das Band aus der Hand und gibt es mir zurück. Ich kann nicht aufgeben und gehe wieder zurück. Noch 2 mal. Ich finde keinen Halt, nur Augen, in denen sich meine Verzweiflung spiegelt. Dann ist es endgültig vorbei. Ich tue das, was ich noch nie in einem Rennen getan habe. Ich gebe auf. Ich gebe mein Band ab, lasse das Hindernis hinter mir, gehe über die Ziellinie- mit Coach Pain. Bekomme eine Predigt über das Aufgeben und Weitermachen, das Leben.

Die Medaille, die ich jetzt bekomme, fühlt sich nicht richtig an. Ich sollte keine bekommen, weil ich es nicht geschafft habe. Ich brauche einen Tag, bis ich meine Leistung akzeptieren kann. Ich habe Sonntag das schwerste geschafft, was ich je getan habe. Ich habe aufgegeben.

Eure Elli

Anmerkung der Redaktion:

Manchmal besteht der größte Sieg in der Niederlage und nur wer liegen bleibt hat wirklich verloren! @Elli: Wir kennen Dich und wissen, dass Du nicht nur aufstehst, sondern dadurch stärker wirst! Danke für den genialen und ehrlichen Bericht!!! Wir sind total stolz auf Dich und sind sicher, dass Du nächstes Jahr mit Band ins Ziel kommst!

 

Nicole wird ZWEITE !!!!

Freud und Leid liegen bei einer solchen Europameisterschaft oft sehr nahe zusammen. Die extrem schweren Hindernisse spielten unserem zweiten Vorstand Nicole Biolik in die Karten. Nicole liebt Hindernisse, vor allem Hangelhindernisse! Und davon gab es sehr, sehr viele. So konnte sie sich mit über 40 Minuten Vorsprung auf die Drittplatzierte der Altersklasse 25 bis 29 den zweiten Platz sichern!

Wir gratulieren herzlich, und das nicht ohne Stolz! Wir hatten einen wunderbaren Tag zusammen und haben uns richtig mit Dir mitgefreut!!! Ein wirklich super Ergebnis!