Der ungeplante Iron Viking

Um zu erklären warum ich am Iron Viking teilgenommen habe muss ich etwas in der Zeit zurück gehen. Alex und ich sind Ende September in Köln bereits die Beast- bzw. Warrior-Distanz gelaufen.

Beim Strong Viking, in Gegensatz zu anderen Laufevents, erhält man für jede gelaufene Distanz zuerst nur ein Finisher-Armband. Ab 3 Armbändern gibt es erst die Möglichkeit diese gegen eine Medaille einzutauschen.

Nachdem wir Köln erfolgreich mit 2 Armbändern verlassen haben, war der Ehrgeiz geweckt, diese Saison noch mit einer „Strong Viking“-Medaille zu beenden.

Die letzte Möglichkeit hierfür die Brother-Edition in Frankfurt.

Alex war noch recht angeschlagen von dem Wochenende in Köln und daher lag es an mir noch ein Finisher-Armband mit nach Hause zu bringen. Geplant war eine normale Beast-Distanz (19km) damit sich der Aufwand mit Übernachtung und Anreise auch lohnt.

Nun musste ich nur noch günstig an ein Ticket für das fast ausverkaufte Event zu kommen. Ungefähr 10 Tage vor dem Veranstaltungstag gab es ein Angebot welches ich einfach nicht ignorieren konnte. Das „Problem“ dabei war, dass es ein Iron Viking Ticket und dieses mit 42km und 100 Hindernissen, doch eine etwas andere Klasse war als ich geplant und auch jemals zuvor gelaufen bin.

Ich denke das ich für viele OCR’ler spreche wenn ich sage „ich hasse lange Laufstrecken“ 😉

Am Freitag Abend ging es zusammen mit Stefan und Alex in Richtung Veranstaltungsort.

Stefan ist am Samstag die OCR-Series (Beast-Distanz) gelaufen und Alex ist für Fotos und meinen Support mit dabei. Wir übernachteten ca. 15km vom Gelände entfernt um am Samstag keine lange Anfahrt dorthin zu haben.

Die Nacht war recht kurz, aber erholsam und der Samstag morgen begann, wie vor jedem Rennen, mit einem selbstgemachten Porridge. Die Wetteraussichten an diesem Tag waren mit durchschnittlich 8 Grad, bewölkten Himmel und starken Böen nicht die angenehmsten.

Zu allem Überfluss musste mir beim Schuhe binden auch gleich mal ein Schnürsenkelloch reißen.

Am Veranstaltungsort konnte man auf dem Weg zur Anmeldung schon die ersten ehrfürchtigen Blicke auf die Zieleinläufe der Beast- und Warrior-Distanz werfen. An der Varjagen Saga hatte ich in Köln (bei Starkregen) keinen Stich gesehen – das wollte ich dieses mal nicht auf mich sitzen lassen. Nach der Anmeldung hat man wieder viele Bekannte Gesichter gesehen und auch die Vereinskollegen trudelten so langsam ein.

Pünktlich um 10.00Uhr ging es, nach der OCR-Startwelle, mit der ersten von 2 Iron Viking Startwellen und ca. 150 Teilnehmern auf die Strecke. Zu Beginn gab es erst einmal Laufstrecke mit leichten Hindernissen (Rope Climb, Balance Bars).

Danach wurde es richtig „Muddy“:

Auf einer größeren Fläche ging es ins Wasser und über Querbalken, unter Stacheldraht hindurch, abwechselnd in tiefe Wassergräben und aufgehäufte Schlammberge erklimmen und zum Abschluss über den Langhus (Steilwand mit Seil).

Der Streckenverlauf ging größtenteils durch schmale Waldwege die bereits durch Regen und die ersten Läufer in Mitleidenschaft gezogen wurden. Was einen hier später noch erwartet konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal erahnen.

Beim ersten „Throw The Hammer“ ging der Hammer daneben und die ersten 10 Burpees waren fällig. Meine Quote konnte ich an diesem Tag aber noch in den folgenden Runden mit 2 Treffern verbessern. Die weiteren Hindernisse liefen richtig gut bis ich zu „Gunnors Struggle“ kam. Dieses habe ich bereits in Köln nicht geschafft und auch dieses mal bin ich wieder abgesegelt. Es folgten 60 Sekunden Battle-Ropes die sich aber länger anfühlten.

Mit viel Laufstrecke und bereits 21km auf der Uhr ging es Richtung Zielarea wo noch einige Hindernisse auf mich warteten. Das neue „Wheel Of Steel“ hat mir sofort gefallen und ich habe es auf Anhieb bezwungen. Die „Varjagen Saga“ besteht aus mehreren Teilen die geschafft werden oder mit unterschiedlichen Bestrafungen beglichen werden müssen. Es beginnt mit einer Schrägwand an der ich dank des weichen Bodens mehr dagegen als darüber gesprungen bin.

Um Kräfte zu sparen (und mich nicht noch einmal zu blamieren) habe ich mich mit einem weiteren Iron Viking Läufer verbündet und gemeinsam mit ihm die Schrägwand bezwungen.

Auf der Schrägwand musste man zu einer weiteren Plattform springen und von dort durch mehrere große Ventilräder hangeln. Mit einem beherzten Sprung und geübten Schwüngen war der erste Teil damit erfolgreich bestanden und es ging an den zweiten Abschnitt.

Dieser bestand aus einem Pegboard welches in eine Stange mit Ringen im Schneckenverlauf überging. Zum Glück habe ich auch diesen Teil geschafft und konnte der Strafrunde mit einem Wasserkanister entkommen.

Kurz vor dem Ziel wartete der riesige „Brother Hill“ der eigentlich nur im Team zu schaffen war. Zum Glück gab es für die erste Runde mehrere Seile mit denen man es auch alleine schaffen konnte.

Das letzte Hindernis „Flying Monkey“, welches ich zwar im Training schaffe klappte an diesem Tag leider nicht und führte zu weiteren 25 Burpees. Nach den „Walhalla Steps“ war nun endlich nach 22km die erste Runde geschafft. Im Zielbereich von Alex empfangen konnte ich kurz verschnaufen, neue Gels einpacken und Ihr sagen das ich keine Ahnung habe wie ich das alles schaffen soll. Mein Fokus lag während des Laufens immer nur darauf diese Beast-Distanz zu schaffen ohne an die weiteren Runden zu denken. Doch jetzt wurde mir schmerzlich bewusst das es nach 2.20 Stunden gerade einmal Halbzeit war.

Bevor sich der Körper an die Pause gewöhnen konnte ging es auch gleich weiter zur zweiten Runde. Rene, der Iron Viking Läufer mit dem ich mich vor der „Varjagen Saga“ noch verbündet habe, wurde ab jetzt zu meinen festen Laufpartner.

An den späteren Hindernissen war es ein riesiger Vorteil das wir zu zweit waren und uns dort gegenseitig unterstützten konnten.

Da die Beast-Distanz zum größten Teil identisch mit der Warrior-Distanz war wusste ich ja bereits was auf mich zu kommt. Nur wurde jetzt jeder Weg matschiger, der Schlamm tiefer, die Balken rutschiger, die Wände schmieriger und das Gewicht schwerer. Mit Abstand am kräftezehrensten waren die völlig verschlammten, rutschigen und matschigen Wege durch die Wälder die somit zu einem weiteren Dauer-Hinderniss wurden. Die Schuhe wurden jedes mal schwer wie Blei und kaum war der Matsch auf festen Boden abgelaufen ging es auch schon wieder auf einen Pfad mit Knöchelhohen Schlamm.

Beim „Raise The Sail“ gab es eine interessante Überraschung. Die an den Seilen befestigten Kettlenbells waren durch den ständigen freien Fall bereits komplett im weichen Erdboden verschwunden und der so entstandene Unterdruck so stark das es keine Möglichkeit gab diese mit dem Seil anzuheben. Wir mussten sie erst per Hand aus dem Loch heben und dann wie vorgesehen mit dem Seil anheben.

Genauso wie die erste, war auch die zweite Runde länger als angegeben und es ging erst nach weiteren 15km in die Zielarea.

Davor musste jedoch erst noch der „Dip Walk“ und „Hanging Castle Walls“ gemeistert werden.

Zu meiner Freude musste der „Flying Monkey“ nicht noch einmal gemacht werden und es ging gleich nach dem „Brother-Hill“ wieder die „Walhalla Steps“ hinauf und diesmal gemeinsam mit Rene zu Alex an die „Selbst-Versorgungsstation“. Dort schnell das letzte Gel eingepackt, Elektrolyte nachgetankt und weiter in die letzte Runde. Schon das vorletzte Gel hatte ich mir mit Ihm geteilt und auch dieses werden wir uns später teilen.

Die letzte Runde war für den Körper nur noch eine Qual. Mein rechtes Knie tat weh, die Füße waren schon gar nicht mehr zu spüren, aber ich war froh das meine Muskeln keinerlei Anzeichen von Krämpfen zeigten. Jede Steigung, jeder schlammige Pfad oder harte Untergrund war in den ganzen Beinen schmerzlich zu spüren. Zu unserer negativen Überraschung war der Volunteer beim Holzstamm tragen, ein Team-Hinderniss welches wir vorher nicht machen mussten, der Meinung das wir dieses jetzt machen müssen. Diesen Stamm zu heben und zu tragen bedarf es mindestens 4 Männern und so durften wir beide und 2 nachfolgende Frauen uns damit abmühen. Gut das die Iron-Läufer nach uns da einfach vorbei gehen konnten da der Volunteer plötzlich nicht mehr dort stand. Auf der weiteren Strecke wurde uns dann von den meisten Teilnehmern respektvoll Platz gemacht und an den Walls mit einer Selbstverständlichkeit darüber geholfen. Top!

Auch die dritte Runde wurde am Ende länger als angegeben und mit 9km, anstatt 7km, ging es in den Zielbereich. Jetzt wartete auf uns nur noch der „Brother-Hill“ und zum letzten mal die „Walhalla Steps“. Schwerfälliges hinaufklettern und dann standen wir dort. An der Spitze von Walhalla, weit über dem Gelände, mit Blick auf die Zuschauer und wir wussten das wir es geschafft haben… gemeinsam geschafft haben.

 

Nach einem kurzen Smalltalk mit dem Moderator gab es endlich die verdiente Medaille und auf dem Weg nach unten noch ein paar Siegerfotos die Alex geschossen hat. Nach Glückwünschen und netten Umarmungen des Teams ging es ab durchs Fotozelt und anschließend so schnell wie möglich Richtung Duschen. Jede vergangene Sekunde habe ich gemerkt wie das Adrenalin verschwand und die Erschöpfung, Schmerz und Kälte über mich hereinbrach.

Nachdem Alex mit dem 3 Finisher-Armband die wohl verdiente Strong Viking Medaille abgeholt hat ging es in sehr langsamen Schritten und mit dem freudigen Gewicht von zwei Medaillen um den Hals Richtung Auto und zurück nach München.

Vielen Dank dabei auch noch an Stefan der uns auch nach seinen anstrengenden 22km sicher nach Hause gefahren hat.

Gesamtergebnis (Anmerkung der Redaktion):

Steven hat die 46 Kilometer in einer hervorragenden Zeit von 5:23:36 als Gesamt 7ter bewältigt! Das ist mal eine echte Duftmarke! Respekt!